Ich möchte mal ein bisschen was zu meiner Architekturfotografie schreiben…wie ich drauf gekommen bin, wie ich sie verstehe, was ich daran so liebe und warum ich mit welchen Serien arbeite…. wobei ich ich über den Teil „Serien“ erst im zweiten Teil dieses Textes schreiben werde, da es doch etwas lang geworden ist

 

Wie bin ich also drauf gekommen?

Wieder entdeckt hatte ich die Fotografie Anfang 2013, als ich mir meine erste digitale Spiegelreflexkamera kaufte. Ende 2013 kam ich auf die Idee in der sogenannten „City Nord“, einer primär in den 60er und 70er Jahren gebaute „Bürostadt“ in Hamburg zu fotografieren. Die Bilder habe ich anschließen mit Hilfe von Silver Efex Pro in Schwarz-weiß konvertiert und in meiner Facebook- Fotogruppe den „Hamburger Fotofreaks“ gepostet.

City Nord

Hier ein Beispiel

Dort bekam ich recht positive Resonanz und jemand schrieb, ihn würden die Bilder an die von Joel Tjintjelaar erinnern. Den kannte ich nicht und habe ihn gegoogelt…

Damit war es dann um mich geschehen. Ich war von Joels Bildern absolut begeistert! So etwas wollte ich auch können! Da traf es sich gut, dass Joel Videotutorials erstellt, welche man käuflich erwerben kann. Somit habe ich mir dann mein erstes und fast einziges (ich habe später noch ein zweites von ihm gekauft) Videotutorial gekauft und es in einem Rutsch durch geguckt.

Hoch motiviert bin ich bei nächster Gelegenheit los gezogen und habe moderne Gebäude in der Hamburger Hafen-City – diesmal keine reine Bürostadt, sondern eine Mischung von Büro und Wohnen, die in den letzten Jahren auf ehemaligem Hafengelände entstanden ist – fotografiert und im Anschluss nach Joels Methode bearbeitet.

Ich hatte im Vorwege nur mit Lightroom gearbeitet und so gut wie keine Erfahrungen mit Photoshop, auf dem die Bearbeitung ja hauptsächlich beruht, habe es aber mit Hilfe des Tutorials gut umsetzen können.

Up: Part II

Mittlerweile haben sich meine Methoden weiterentwickelt und verändert, aber Verläufe, ein zentrales Element bei Joels Methode, sind auch bei mir ein zentrales Element meiner Bearbeitung geblieben.

Na, jedenfalls habe ich auch diese Bilder wieder bei den Freaks gepostet und bekam wieder recht positives Feedback, was mich neben meiner eigenen Begeisterung für diese Art Bilder weiter motiviert hat.

 

Was gefällt mir denn nun eigentlich so gut an der Architekturfotografie und dieser Art der Bearbeitung?

Ich glaube, hauptsächlich mag ich das Klare, die klaren Linien, Strukturen und Formen. Ich fotografiere am liebsten moderne Gebäude mit Glas, Stahl und Beton, während ich zum Wohnen eher Altbauten bevorzuge. Über die Fotografie habe ich eigentlich erst einen Zugang zu moderner Architektur gefunden.

Bei der Bearbeitung fühle ich mich weniger als Fotografin sondern mehr als Künstlerin. Das fotografierte Bild ist dabei nur mein Ausgangsmaterial wie eine Leinwand für den Maler. Ich fotografiere die Gebäude daher auch ganz gerne bei bedecktem Himmel, damit ich alle Freiheit bei der nachträglichen Lichtsetzung habe. Die Übersetzung von Fotografie „Malen mit Licht“ bekommt für mich bei der Bearbeitung dieser Bilder eine ganz neue Bedeutung. „Malen mit Licht und Schatten“ ist genau das, was ich in Photoshop mit Hilfe verschiedener Tools mache. Da es mir dabei nicht um eine möglichst genaue Darstellung von Realität geht, sondern eben um meine Wirklichkeit oder auch Vision geht, verschwinden für mich störende Elemente im Bild in Unschärfe oder Dunkelheit, ich retuschiere sie auch manchmal ganz weg und verschiebe Elemente auch notfalls mal ein bisschen.

Die Himmel der Bilder sind in aller Regel langzeitbelichtet. Früher habe ich tatsächlich das ganze Foto vor Ort langzeitbelichtet, mittlerweile mache ich das eher selten. Da ich für den Himmel meist eh eine Maske erstelle und den Himmel noch mal getrennt vom Gebäude bearbeite, bin ich nach einem Urlaub mit wenig Zeit pro Gebäude und strahlend blauem Himmel, dazu übergegangen, den Himmel in Photoshop zu ersetzen. Ich habe mir eine kleine „Wolkendatenbank“ angelegt, mit langzeitbelichteten Bildern von ziehenden Wolken, die ich von zu Hause aus aufgenommen habe. Damit spare ich auf Städtetouren viel Zeit und bin unabhängiger vom Wetter. Auch gibt mir diese Methode wiederum mehr Freiheit bei der Bearbeitung, da ich zu meinem Bild genau die passenden Wolken aussuchen kann und die Richtung des Zuges auf die restlichen Linien im Bild abstimmen kann. Und wie schon gesagt, es geht mir nur um meine subjektive Wirklichkeit und nicht um irgendeine objektive Realität.

Ansonsten mag ich besonders gerne eher dunkle Bearbeitungen mit vielen dunklen Tönen. Ich versuche mich aber an die Regel zu halten, dass ein gutes Schwarz-weiß-Bild alle Zonen des Zonensystems von Ansel Adams enthalten sollte. Beizeiten fehlen mir allerdings die 9 und die 10 😉 . Zone 0 und 1 kommen meist vor, aber nicht allzu viel. Gerne benutzte ich die Zone 2 für die dunklen Flächen am Himmel.

(Kleiner Tipp: In Silver Efex Pro 2 (mittlerweile ja kostenfrei erhältlich) kann man sich die Zonen auf dem fertigen Bild anzeigen lassen.)

Für die Bearbeitung eines Architekturbildes brauche ich vor allem wegen des Erstellens von Masken 4 bis 8 Stunden. Für ein einfaches Landschafts- oder Makrofoto brauche ich hingegen manchmal nur 10 Minuten.

Bei einigen Bildern kommt es vor, dass sich schon beim Fotografieren weiß, wie meine Vision des Gebäudes ist und ich schon weiß, wie das fertige Bild in etwa aussehen soll. Manchmal habe ich aber auch das Gefühl das Bild entwickelt sich fast wie von selbst während der Bearbeitung.

Mittlerweile kenne ich sehr viele Fotografen, die ich bewundere und die mich inspirieren. Weltweit gibt es eine richtige Community von Fotografen, die ähnlich arbeiten wie ich und mit manchen sind wirklich nette Kontakte entstanden.

Mein persönliches Highlight war ein positiver Kommentar von meinem Idol Joel Tjintjelaar zu einem Bild aus meiner New York – Serie bei 500px 🙂

Durch meine Kontakte und auf einschlägigen Seiten sehe ich immer wieder tolle und beeindruckende Bilder. Am meisten in Erinnerung bleiben mir dabei aber Bilder, in denen wirklich eine völlig neue Wirklichkeit geschaffen wird und Bildelement neu interpretiert werden.

Ein gutes Beispiel ist dieses Bild von Hiacnyta Jelen (Quelle: Flickr)

Zum Vergleich mal mein Bild von dem selben Standort aus:

Frankfurt: Part XIV

Ich denke, es wird deutlich, was ich meine. Mein Bild ist nicht schlecht, aber Hiacynta hatte die bessere Idee oder Vision und hat so die Elemente der Dachkonstruktion ganz neu interpretiert. So etwas inspiriert mich und motiviert mich, weiter an meinen Visionen beim Fotografieren oder Bearbeiten zu arbeiten.

Wenn ich also meine etwas lange Antwort auf die obige Frage noch mal zusammenfasse, kann ich sagen: Mir gefällt die völlige künstlerische Freiheit und Schaffenskraft bei gleichzeitiger Klarheit und Struktur.

Dazu passt ein Zitat, welches ich gerade auf der Homepage von Joel Tjintjelaar gefunden habe:

 

First you take the photograph, then you create it. The act of creating should have no limits.

Hier geht’s zum 2. Teil, in dem ich die Arbeit an meinen Serien erkläre